Auf einmal für sich selbst sorgen....

 

Plötzlich eigenverantwortlich:

Frauen im neuen Unterhaltsrecht 2008

 

In der Vorstellung von der Liebe als "Schlaraffenland" werden Mann und Kinder zur zentralen Quelle des Glücks. Sich um die eigene Familie zu kümmern, erscheint als derart sinnstiftend und alternativlos, dass die Sorge um einen eigenen Lebensun-terhalt daneben vollkommen verblasst.

 

 

Mit ein bisschen Teilzeitarbeit gaukeln sich Frauen Selbständigkeit vor und richten sich im Laufe ihres Familienlebens immer mehr in dem Glauben ein, dass sie im Falle eines Falles schon irgendwie versorgt würden.

 

 

Nach einer Scheidung werden sie dann plötzlich in den Rang eines für sich selbst verantwortlichen Wesens gestellt: Derselbe Gesetzgeber, der mit dem Ehegatten- splitting Anreize für Frauen schafft, möglichst wenig oder gar nicht zu arbeiten, verlangt im Unterhaltsrecht von ihnen, aus dem Nichts heraus einen lukrativen Vollzeitjob anzutreten.

 

Nicht leicht für die von Scheidung am häufigsten betroffene Altersgruppe:

 

 

"Durchschnittlich waren die Männer 2016 bei ihrer Scheidung 46 Jahre und 7 Monate alt und die Frauen 3 Jahre jünger (43 Jahre und 7 Monate)." (1)

 

 

Und auch nicht leicht in den von Frauen dominierten Berufsfeldern wie z.B. dem Einzelhandel:

 

 

"Personalkosten können bei gleichzeitiger Verlängerung der Ladenöffnungszeiten gesenkt werden, wenn das Arbeitsvolumen in kleine Beschäftigungsverhältnisse aufgeteilt wird und Beschäftigte mit einer kurzen Arbeitszeit nur genau dann eingesetzt werden, wenn Arbeitsanfall zu erwarten ist, während zu anderen Zeiten, in denen der Arbeitsanfall gering ist, nur eine rudimentäre Personalbesetzung vorhanden ist. Insofern lassen Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse kostengünstige „Löcher“ in der Personaldecke eher zu als Beschäftigungsverhältnisse in Vollzeit." (2)

 

 

Auf dem Arbeitsmarkt wird eine Frau als flexible "Zuverdienerin" bevorzugt. Das passt auch zur aktuell immer noch herrschenden gesellschaftlichen Norm, in der die Versorgung des ehelichen Haushalts und die Betreuung der Kinder ihre allererste Pflicht geblieben ist.

 

Nach einer Scheidung wird dann ganz anders gewichtet: obwohl sich der Haushalt nur um ein Familienmitglied reduziert, sollen Einkaufen, Putzen, Kochen und Kinder- betreuung neben einem Vollzeitjob erledigt werden. Und doch hat das eine gewisse Logik, wenn man die Aufgabe der Ehefrau vor allem darin begreift, ihrem Mann den Rücken frei zu halten!

 

 

Frauen, die sich während der Ehe nicht um eine Arbeit kümmern, bei der jederzeit ein Wechsel in Vollzeit möglich ist, können sich häufig eine Scheidung nicht leisten. Im Vergleich zu früher ist die wirtschaftliche Abhängigkeit der Frau vom Mann nur geringfügig modifiziert: auch heute bleiben viele Frauen in einer unglücklichen Ehe, weil sie sonst keine ausreichende Existenzsicherung hätten...

 

 

 

 

(1) Pressemitteilung Nr. 237 vom 11.07.2017

 

https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2017/07/PD17_237_12631.html Zugriff 11.01.2018

 

 

(2) Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.):

Neue Wege – Gleiche Chancen. Gleichstellung von Frauen und Männern im Lebensverlauf. Erster Gleichstellungsbericht, Niestetal 2013, S. 131