Die Ehe als wirtschaftliches Modell für Frauen

Leben kann man davon alleine nicht ...

Ein großer Teil der heute verheirateten Frauen wäre nach einer Scheidung finanziell erheblich schlechter gestellt. Viele  wären  gar nicht in der Lage,  für sich selbst zu sorgen, weil sie während ihrer Ehe ihre Arbeitszeit reduziert haben. 

 

Eine Umfrage des DIW Berlin ergab, dass im Jahr 2013 verheiratete Frauen in Gesamtdeutschland eine wöchentliche Arbeitszeit von 29,2 Std. hatten. (1)

 

Etliche Ehefrauen arbeiten gar nicht: "Nach den Befunden der aktuellen AID:A-Studie (DJI-Survey 2009) lebt in Deutschland von den Frauen im Alter zwischen 25 und 55 Jahren jede vierte (24%) in einer traditionellen Erwerbskonstellation (Hausfrauenehe)." (2)

 

Auch, wenn es diesen Frauen gelänge, nach einer Trennung von ihrem Mann mit einem Vollzeitjob ihren eigenen Lebensunterhalt zu verdienen, droht ihnen dennoch im Alter Armut, weil ihre Erwerbsbiografie insgesamt nur eine geringe Rente her gibt.

 

Für Frauen hat die eigene finanzielle Unabhängigkeit nach Heirat und Familiengründung offenbar keine Priorität.  Der Grund scheint auf der Hand zu liegen:  Eine Mutter könne – so das Argument nun einmal nicht voll berufstätig sein…

 

 

Ich habe doch Kinder!

Sind tatsächlich die Kinder der  entscheidende Faktor?

 

Dagegen spricht, dass auch eine beträchtliche Zahl an kinderlosen Ehefrauen im Jahr 2011 Teilzeit  - und zwar 21,9% - oder gar nicht (13,5%) arbeiteten. Weniger als die Hälfte – nämlich 45% - hatten im Jahr 2011 wie ihre Ehemänner eine Vollzeittätigkeit. (3)  

 

Auch die Mütter, deren Kinder zwischen 14 und 18 Jahren alt und dem betreuungsintensiven Alter entwachsen waren, haben im Jahr 2015 im Schnitt nur 26,8 Wochenstunden gearbeitet (4).

 

Offenbar liegt es gar nicht am Nachwuchs:

"Typisch für das Arbeitszeitmuster in Deutschland ist, dass die Differenzierung der Arbeitszeiten in dem Moment ansetzt, in dem Paare beschließen, zusammenzuleben, also noch vor der Kinderphase." (5)

 

Dagegen scheint eine Heirat für den gänzlichen oder teilweisen Verzicht auf Arbeit eine viel größere Rolle zu spielen: So lange Frauen unverheiratet mit ihrem Partner zusammen leben, können sie noch mehrheitlich von ihrem eigenen Lohn leben.  21% von ihnen finanzieren ihren Lebensunterhalt nicht selbst.  Eine Heirat lässt diesen Anteil auf 41% (im Jahr 2008) steigen:

 

"Frauen mittleren Alters, die in nichtehelichen Lebenspartnerschaften lebten, bestritten ihren Lebensunterhalt zu 79 % durch die eigene Berufstätigkeit. (…). Ehefrauen mittleren Alters sicherten ihren Lebensunterhalt nur zu 59 % durch ihre Berufstätigkeit." (6)

 

 

Lieber kochen und putzen?

Und was ist mit der Hausarbeit? Verhindert sie, dass Frauen die in Partnerschaften leben oder verheiratet sind, mehr arbeiten?

 

Es stimmt zwar: Frauen leisten -  ob verheiratet oder nicht - mehr Hausarbeit als ihre Partner: "Im Durchschnitt müssen Männer, die mit einer Partnerin zusammenleben, weniger im Haushalt arbeiten, als wenn sie alleine leben. Leben Frauen hingegen mit einem Partner zusammen, bringen sie mehr Zeit für den Haushalt auf, als wenn sie alleine wohnen." (7)

 

Allerdings übernehmen Frauen erst nach dem Weg in die Teilzeitarbeit fast die komplette Haushaltsführung. Voll berufstätigen Frauen gelingt es eher, eine gerechte Aufteilung der Hausarbeit durch zu setzten: Die im Jahr 2013 durchgeführte Befragung des Instituts Allensbach ergab: 47% der Männer in Partnerschaften, in denen beide Vollzeit arbeiteten, machten den Haushalt ganz oder zur Hälfte (8).

 

Deren Partnerinnen schaffen offenbar mit ihrer Vollzeittätigkeit Tatsachen, nach denen sich dann die Aufgabenverteilung im gemeinsamen Haushalt richtet. Teilzeit arbeitende Frauen verwenden die gewonnene Zeit eher für die Hausarbeit als ihre Männer.

 

Eine konservative Rollenverteilung ist also nicht etwa Ursache, sondern Folge der Teilzeitarbeit.

 

 

Deutsche Frauen arbeiten am drittwenigsten - europaweit

Erstaunlich, dass Frauen auch heute noch ohne Not die Ehe als Möglichkeit der materiellen Versorgung wählen. Nicht wenige fahren auch sehr gut damit.

 

Spätestens seit der Einführung des neuen Unterhaltsrechts stellt sich aber heraus, dass die Ehe diese  materielle Versorgung nur auf Zeit bietet, nämlich exakt so lange, wie sie dauert. Und dass im Falle einer Scheidung auch keine Aussicht auf sichere Altersversorgung besteht.

 

Vergleichen wir die Wochenarbeitszeit von Frauen europaweit, ergibt sich ein für Deutschland typisches Bild: Mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von durchschnittlich 30,4 Stunden die Woche lagen Frauen in Deutschland 2015 in Europa auf dem dritten Platz der Länder mit der  geringsten Wochenarbeitszeit. Nur in Dänemark und den Niederlanden arbeiten Frauen (und dort auch die Männer) weniger (9).

 

Zwar ist die  Erwerbstätigenquote der Frauen in Deutschland auf 69,5 % im Jahr 2014 gestiegen (10), doch bleibt der Gewinn ihrer Arbeit erschreckend gering: "Nirgendwo tragen etwa Frauen anteilig so wenig zum Familieneinkommen bei. Der durchschnittliche Anteil am Familieneinkommen beträgt in Deutschland 22,4 Prozent, in Dänemark sind es beispielsweise 42 Prozent." (11)

 

In Deutschland scheint das persönliche Einkommen, das eine Ehefrau zur Verfügung hat, nur eine untergeordnete Rolle zu spielen. Und tatsächlich eröffnet die deutsche Steuerpolitik verheirateten Paaren die Möglichkeit den größeren Gewinn für die eheliche Gemeinschaft zu erzielen, wenn einer der beiden Partner – und das ist schon allein aufgrund der Lohnungleichheit meistens die Ehefrau - möglichst wenig verdient.

 

(1)  siehe: PD Dr. Elke Holst und Anne Wieber (Redaktion): Arbeitszeitwünsche von Frauen und

     Männern – wovon hängen sie ab? WSI- Herbstforum 2014, DIW Berlin – Deutsches Institut für

     Wirtschaftsforschung e.V. https://www.boeckler.de/pdf/v_2014_11_27_holst.pdf, Zugriff 8.2.2017, S. 14

 

(2) Rüdiger Peuckert: Familienformen im sozialen Wandel, Wiesbaden 2012, S. 413

 

(3)  siehe: Susanne Wanger: Frauen und Männer am Arbeitsmarkt. Traditionelle Erwerbs- und Arbeits-

Traditionelle Erwerbs- und Arbeitszeitmuster sind nach wie vor verbreitet.

http://doku.iab.de/kurzber/2015/kb0415.pdf, Zugriff 8.2.2017, S. 6

 

(4)  siehe: WSI GenderDatenPortal: Arbeitszeiten. Arbeitszeit nach Alter des jüngsten Kindes 2001 und 2015. https://www.boeckler.de/66767.htm, Zugriff 26.7.2017

 

   (5)  Angelika Kümmerling: Arbeiten und Leben in Europa. Arbeitszeit und Work-Life Balance aus  

         einer Lebensphasenperspektive. Iaq-report 2013.

       http://www.iaq.uni-due.de/iaq-report/2013/report2013-02.pdf, Zugriff 1.8.2016 S. 10

 

(6) Julia Weinmann: Frauen und Männer in verschiedenen Lebensphasen. Statistisches Bundesamt Wiesbaden 2010,     https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Bevoelkerung/HaushalteMikrozensus/BroschuereFrauenMaenner0010013109001.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 9.2.2017, S. 41

 

(7)  Lukas Koschnitzke: Haushalt bleibt Frauensache. http://www.zeit.de/karriere/2014-03/hausarbeit-frauen-international-vergleich

         Zugriff 1.8.2016 S. 10

 

(8)  siehe: DER MANN 2013: Arbeits- und Lebenswelten – Wunsch und Wirklichkeit.

         Männerstudie Allensbach. BILD der FRAU, Hamburg 2013, S. 40

 

(9)  siehe: Durchschnittliche Wochenarbeitszeit in den Ländern der Europäischen Union (EU) im Jahr 2015 nach Geschlecht https://de.statista.com/statistik/daten/studie/75863/umfrage/durchschnittliche-wochenarbeitszeit-in-den-laendern-der-eu-nach-geschlecht/ Zugriff 23.3.2017

 

   (10) siehe: Horand Knaup: OECD-Ländervergleich. Warum Frauen in Deutschland so wenig verdienen.

http://www.spiegel.de/karriere/oecd-studie-frauen-in-deutschland-arbeiten-weniger-als-in-anderen-laendern-a-1135137.html,

Zugriff 2.3.2017

 

   (11) ebd.

 

 

© 2022 Irene Goldmann